Liebe Leserin und lieber Leser,

im Jahre 2009 flog ich mit meiner Familie nach Afghanistan, um dort zu arbeiten. Ich fing  im Osten an der Nangarhar-Universität an, mich mit der Universität, Lehre, Lehrmaterialien, Dozenten und Studenten zu beschäftigen. Mit großem Erstaunen stellte ich fest, dass die Dozenten 30-40 Jahre alte handgeschriebene Notizen als einziges Lehrmaterial benutzen und fast keine Lehrbücher vorhanden waren. Da auch alle Verantwortlichen (Rektor der Universität und Dekan der medizinischen Fakultät) das Fehlen aktueller Lehrmaterialien in den Muttersprache der Studenten als Ursache für die schlechte Qualität der Lehre betrachteten,  entschloss ich mich, an diesem Problem zu arbeiten.

An der Universität Nangarhar habe ich gemeinsam mit Dozenten und Studenten diese Situation beschrieben und erste Projektskizzen  gemacht. Auch im Hochschulministerium in der Hauptstadt Kabul sahen die  Zuständigen die Notwendigkeit, Curricula und Lehrbücher  dem internationalen Standard anzupassen.

Das Hochschulministerium (Ministry of Higher Education) bot mir eine Stelle als Berater an und auch von dem durch das Auswärtige Amt finanzierten Programm (GIZ-CIM) wurde mir  Unterstützung als CIM-Fachkraft* angeboten.  Ich bekam dann ein Büro im Hochschulministerium, das mir bis heute zur Verfügung steht und von 2010 bis 2016 bekam ich Unterstützung von CIM für Lebensunterlat, Versicherung und Reisen.

In der Zeit von 2010 bis 2020 wurden bisher über 350 Lehrbücher (über 270 in Medizin und über 80 in anderen Fächern wie Pharmazie, Psychologie, Veterinärmedizin, Naturwissenschaften, Landwirtschaftswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Ingenieurswissenschaften, Journalismus, Erziehungswissenschaften) publiziert.

Im Ministerium hatte ich viele Begegnungen und es gab zahlreiche sehr interessante Diskussionen sowohl mit afghanischen Dozenten aus dem ganzen Land  als auch mit internationalen Akteuren.

Mich haben schon immer  vor allem Hochschulthemen sehr interessiert, wie z.B. die Frage: Soll aller Unterricht auf Englisch umgestellt oder in den Landessprachen fortgesetzt werden? Oder sollen Bücher in den Landessprachen gedruckt werden?  Welche Prioritäten haben unsere Hochschulen? Was brauchen sie am meisten?

Immer wieder habe ich mir in dieser Zeit Notizen gemacht und diese habe ich am Ende meiner CIM-Tätigkeit zusammen mit Medienberichten und Listen der Bücher in Pashto als Buch in Kabul publiziert. Wir wurden auch vom GIZ-CIM aufgefordert, für die Sicherung der Ergebnisse unserer Arbeit und ihre Nachhaltigkeit zu sorgen.

Mit der Schrift verfolge ich drei Ziele:

  1. Ich will alle in Kenntnis darüber setzen, was ich all die Jahre über gemacht habe.
  2. Informationen über die afghanische Hochschullandschaft und das Ministerium sollen verbreitet werden.
  3. Für die Zukunft will ich meine Erfahrungen und Vorschläge dokumentieren, damit auch andere davon profitieren können.

Nachdem die englische Fassung erschienen ist, freue ich mich, dass dieser Erfahrungsbericht nun auch auf Deutsch erscheint. Dafür danke ich  Frau Ingrid von Heiseler herzlich.

Über Ihre konstruktive Kritik und Rückmeldung würde ich mich sehr freuen (wardak@afghanic.de). Yahya Wardak, Kabul/Bonn 2021

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